Nicht so stürmisch, Friedel!

ebook

By Magda Trott

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Der alte Herr ließ die Zeitung, in der er soeben gelesen hatte, sinken und schaute auf die beiden jungen Mädchen, die sich hastend durch den schmalen Gang der elektrischen Bahn drängten und geräuschvoll auf den beiden letzten Sitzplätzen niederließen. "Das hätten wir glücklich geschafft", sagte die eine, deren Gesicht vom schnellen Laufen glühte. "Diese Bahn müssen wir immer bekommen, sonst treffen wir nicht rechtzeitig ein. Eigentlich schrecklich, daß wir bis zur Schule jedesmal diesen fürchterlich weiten Weg haben." "Du wirst dich daran gewöhnen, Friedel. Die halbe Stunde, die uns vor der Schule bleibt, können wir gut zum Lernen benutzen." "In der Elektrischen noch lernen?" Friedel Reibeisen sah sich in der Bahn um. Dann schüttelte sie den Kopf. "Eingepfercht in fürchterliche Enge, um uns herum nichts als neugierige Menschen - was würden die sagen, wenn wir von Differenzialrechnung oder analytischer Geometrie anfingen?" "Quatsch! - Aber Geschichte und all solchen Kram kann man sehr gut für sich allein lernen." "Geschichte", sagte die Blonde seufzend, "als ob es uns nicht furchtbar gleich sein könnte, ob 'Ludwig das Kind' ein Mann war, ob Heinrich im 15. oder 16. Jahrhundert starb, und die Karolinger unsere Vorfahren waren. Meinst du, uns fragt später einmal einer danach? Wenn ich erst Apothekerin bin, und ich muß für zehn Pfennige Brusttee verkaufen, will niemand von mir wissen, wann in Deutschland das sächsische Haus oder das fränkische Haus regierte." "Es gehört nun einmal dazu, Friedel, und damit mußt du dich abfinden." Während die andere in ihrer schwarzen Ledermappe kramte, ließ Friedel Reibeisen ihre großen blauen Augen in der elektrischen Bahn umherschweifen. Fast alle die Menschen, mit denen sie zusammenfuhr, hatte sie schon gesehen. Für Susanne, ihre Begleiterin, mußten sie längst alte Bekannte sein. Susanne Lenzett fuhr seit Jahr und Tag mit dieser Bahn, während Friedels Eltern erst vor kurzem in die Villengegend gezogen waren. Susanne hatte ihre Nase längst ins Buch gesteckt, Friedel aber ließ ihr keine Ruhe. Ziemlich unsanft wurde die eifrig Lernende in die Seite gestoßen: "Jetzt weiß ich das Thema für den neuen Aufsatz." "Das fränkische Haus von 1024 bis 1125." "Hast du nicht gehört - ich weiß das neue Aufsatzthema: der Alltag tötet." "Willst du wieder so einen Unsinn schreiben wie das letztemal?" Der Kopf mit den Blauaugen wandte sich entrüstet der Freundin zu. "Unsinn nennst du das? Habe ich nicht wegen des logischen Aufbaues noch eine ...
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