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In seinem „Haus am waldigen Seenockhang" sitzt der mäßig erfolgreiche Erzähler Wickerl und versucht – mitten in der Umgebung – „zur Umgebung durch seine Schreiberei eine begreifende Distanz zu gewinnen." Seine Umgebungsgeschichten „berichten eigentlich von nichts als jener Gehirngegend, in der die äußere zu einer inneren Wirklichkeit umgelogen wird."
Die Umgebung ist ein Kärntner Tal, in dem eine slawischstämmige Urbevölkerung sich kernig deutsch gebärdet und hauptsächlich von der Landschaftsvermarktung lebt. Und in der Tat hat die Umgebung auch einiges zu bieten, das jedes Touristen Herz höher schlagen lässt: den kastrierten Seenockriesen, der einst aus einem einzigen See deren zwei schuf, den Grabsaal Karls des Großen im Kaiserschlossgebirge, wo der gewaltige Herrscher mit seinen Rittern schlummert, um irgendwann zu erwachen und die Herrschaft über die EU zu übernehmen, den Urmenschen des Dorfes, dessen vorgeblich urzeitliche Überreste keine hundert Jahre alt sind, ein Asylantenheim, das eine geglückte Verschmelzung von Humanität und Geschäftssinn darstellt und einen protestantischen Kirchturm, den der Leibhaftige selber gebaut hat. Die Umgebungstaler sind eine höchst begabte, der Philosophie frönende Population: Da gibt es einen Gemeindebediensteten, der „es nicht verträgt, dass etwas nach sich selber ausschaut", einen „Frauenfischer" von schwächlicher Figur, der Dutzende Damen verführt, ehe er seine Meisterinnen findet und impotent wird, einen direkten Nachfahren Hegels, der an der „Aufhebung der Umgebung" arbeitet.
Fleischers Satiren zeichnen ein österreichisches Panoptikum, in all seinen Lügen ziemlich glaubwürdig, in gewisser Hinsicht liebens- und manchmal einfach verabscheuungswürdig. Wirklichkeit und Wahrheit korrespondieren nicht, entsprechen und decken einander nicht: sie existieren einzig und allein im Gemüt des jeweils Erzählenden, jenem „Dorf der Seele", das jeder in sich trägt.